Auch heute wird vielen Patienten, welche unter Verstopfung leiden, falsche Ernährung und Bewegungsmangel als einzige Ursache angegeben. Neue Erkenntnisse, basierend auf modernen Untersuchungsmethoden, zeigen aber, wie vielfältig die Gründe bei erschwerter Stuhlentleerung sein können.
Früher wurde die Verstopfung definiert mit weniger als 3 Stuhlgängen pro Woche. Heute fasst man diese Definition weiter. Viele Patienten klagen über unvollständige Entleerung, feste und norbelige Stühle. Auch muss nachgeholfen werden. Oft besteht eine Stuhlblockade. Starkes Pressen, langes Sitzen und auch mehrfache Toilettengänge sind erforderlich. Immerhin leiden bis zu 27% der Bevölkerung an Obstipation, in Altersheimen sogar bis 75%. Die Mehrzahl sind Frauen.
Warum ist das so?
Die Ursachen sind breit gefächert. Neben Funktionsstörungen des Darmes gibt es Darmerkrankungen sowie veränderte anatomische Verhältnisse. Viele Medikamente verlangsamen den Stuhltransport (z.B. SD-Medikamente, Morphium).
Auch Depressionen, Nervenerkrankungen sowie Wirbelsäulenerkrankungen haben negativen Auswirkungen. Stoffwechselerkrankungen (z.B. SD-Unterfunktion) können die Transportgeschwindigkeit reduzieren. Bewegungsmangel und ballastarme Kost erschweren zusätzlich den Transport. Ein Reizdarm kann auch verstopfen. Bei Darmgeschwülsten oder Einengungen des Darmes durch Nachbarorgane gibt es weitere Passagehindernisse. Bei vielen Patienten können auch anatomische Veränderungen in Form von Darmaussackungen (Rektocele), verlängerten Darmschlingen (Sigmoidocele) oder inneren Darmeinstülpungen (innerer Rektumprolaps) festgestellt werden. Oft gibt es komplexe Beckenbodenveränderungen,wobei sich auch Absenkungen im Blasen- und Genitalbereich zeigen. Auch Erkrankungen der After-/Schließmuskelregion können zu Entleerungsstörungen führen (z.B. bei Analfissuren).
Somit begründet sich die umfangreiche Diagnostik. Aber zunächst sollte ein Arztgespräch (ggf. unterstützt durch einen Fragebogen) erste mögliche Ursachen erfassen. Eine Darmspiegelung (Coloskopie) ist genauso wichtig wie eine Enddarmspielung, welche gezielt nach einem inneren Darmvorfall sucht und den Analkanal beurteilt. CT-Untersuchungen mit Kontrastmittel, ggf. auch Kernspinuntersuchungen ergänzen die Untersuchungen. Leider ist derzeit die virtuelle Colonographie im Leipziger Raum und Umgebung wegen fehlender Kostendeckung und ausbleibender aktueller Software nicht mehr möglich. Wir führen auch in Kooperation eine Kolontransitzeitbestimmung durch, welche die Stuhltransportzeit misst sowie möglichen Aufstauungen zeigt. Im Einzelfall müssen Befunde durch Neurologen und Gynäkologen ergänzt werden.
In einem ersten Arztgespräch gebe ich dem Patienten bereits Ernährungshinweise zur Stuhloptimierung sowie Verhaltenshinweise. Auch sollte bei Medikamenteneinnahme Rücksprache mit dem Hausarzt erfolgen. Ausgewählte
Medikamente können kurzzeitig hilfreich sein. Immer sollte es das Ziel sein, zunächst durch Veränderung der Ernährung die
Verstopfung zu beheben. Verschiedene Erkrankungen kann man operativ beseitigen. Geschwülste erfordern eine Operation .
Bei der Verstopfung sollte eine Operation immer erst nach einer gewissenhaften Diagnostik, nach einem erfolglosen konservativen Behandlungsversuch und bei einem hohen Leidensdruck erfolgen. Beckenbodenveränderungen, welche keine Beschwerden hervorrufen, bedürfen keiner operativen Versorgung. Eine OP-Notwendigkeit besteht sehr selten.
Die notwendige Diagnostik und eine entsprechende OP-Beratung übernehme ich gern in meiner proktologischen Sprechstunde.