Unter Stuhlinkontinenz versteht man die fehlende Kontrolle über Darmgasabgänge, flüssige und feste Stuhlgänge.
Dies bedeutet eine erhebliche Einbuße der Lebensqualität, deutliche Einschränkungen bei der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und oft eine Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls.
Um kontinent zu sein, das heißt, den Ausscheidungszeitpunkt beeinflussen zu können, muss das Zusammenspiel verschiedener Faktoren erfolgen. Die Schließmuskeln, aber auch die Muskeln des Beckenbodens müssen ausreichend funktionstüchtig sein.
Intakte Nerven zum und im Beckenboden, aber auch Nervengeflechte sind für Muskelreaktionen, Reflexübertragungen und Empfindungen wichtig. Ein gesunder Mastdarm ist für das Stuhlauffangen und die unbehinderte Ausscheidung notwendig. Selbst kleine Blutkissen, bei deren Vergrößerung oder deren Lockerung von der Unterfläche wir von Hämorrhoiden reden, haben eine wichtige Aufgabe. Sind einzelne oder mehrere Faktoren beschädigt oder erkrankt, ist die Stuhlinkontinenz die Folge. Auch wenn sie zunächst nur die fehlende Kontrolle über die Windabgänge (Stuhlinkontinenz Grad 1) bedeuten.
Die Formen der Stuhlinkontinenz sind vielfältig. Sie reichten von unkontrollierten Stuhlabgängen, über die Unmöglichkeit des Verkneifens bis hin zum Stuhlschmieren. Diese Komplexität dieses Leidens erfordert eine Diagnostik, welche die einzelnen
o. g. Kontinenzfaktoren beurteilt. Erst dann kann eine gezielte Therapie versucht werden.
In den ersten Arztkontakten ist es zunächst mein Ziel, das oft bestehende ausgedehnte Analekzem (Wundsein der Afterregion) zu lindern. Auch gebe ich Hinweise zur Verbesserung der Stuhlbeschaffenheit. Sehr zeitig verordne ich Beckenbodengymnastik, um sofort mit einer Stabilisierung der Muskulatur zu beginnen. Oft ist ein gezieltes Schließmuskeltraining mittels Biofeedback oder ähnlichen Geräten notwendig. Auch ist die Versorgung mit Analtampons möglich. Parallel leite ich die Diagnostik ein. Denn die Frage, warum der Patient inkontinent ist, sollte versucht werden, klar zu beantworten. Besonders wichtig aber ist, dass der Patient erkennt, dass es keine ausweglose Situation ist.
Auch hier ist die Mitwirkung von Selbsthilfegruppen wichtig.
Wie bereits betont, ist zur gezielten Therapie, insbesondere der operativen Therapie, eine genaue Kenntnis der Ursachen notwendig. Ein wesentlicher Grund der Stuhlinkontinenz sind Schließmuskelschäden durch Verletzungen, durch Operationen, aber auch als Folge von Geburten, welche erst später durch Alterungsprozesse bei zarterem Schließmuskel der Frau auffällig werden. Jahrelange Verstopfung führt zu erheblichen Lockerungs- und Senkungsprozessen. Auch Erkrankungen der Wirbelsäule, der Vorsteherdrüse und Stoffwechselerkrankungen können zur Inkontinenz beitragen. Es gibt noch viele weitere Ursachen. Ggf. veranlasse ich eine Ultraschalluntersuchung der Schließmuskelregion, um Schäden zu erkennen. Meist reicht aber die klinische Untersuchung. Auch nutze ich Druckmessungen, welche Aussagen zur Schließmuskelfunktion erlauben. Ich führe immer eine Enddarmspieglung durch, um hier Veränderungen des Enddarms und Analkanals festzustellen. Gleichzeitig beurteile ich den Beckenboden. Selten überweise ich die Patienten zu einer speziellen Nervenuntersuchung des Schließmuskels.
Ist durch die konservative Therapie keine entscheidende Besserung erfolgt, gibt es auch verschiedene operative Maßnahmen. Schließmuskelrekonstruktionen, Schließmuskelersatzoperationen, plastische Operationen im Bereich des Beckenbodens sind möglich. Hierbei ist die Komplikationsquote aber nicht gering, so dass die Patientenauswahl sehr gezielt erfolgen sollte. Diese strenge Auswahl der Patienten gilt auch für die SNS (sakrale Nervenstimulation / -modulation). Dann sind gute Erfolge möglich. Sie ist aber nur bei ausgewählten Formen der Stuhlinkontinenz sinnvoll.
Falls Sie nähere Informationen dazu wünschen, berate ich Sie gern.
Obwohl operativ bereits viel möglich geworden ist, steht im Vordergrund die Beschwerden zu lindern. Eine Komplettsanierung des Beckenbodens ist auch heute noch nicht möglich. Der Entscheidung zur operativen Korrektur sollten aber immer eine gezielte Diagnostik des Beckenbodens und ein konservativer Behandlungsversuch vorausgehen. Oftmal sind zeitlebens für die operative Therapie begleitende konservative Maßnahmen notwendig.
Die chirurgische Gemeinschaftspraxis wurde 2009 als zertifizierte Beratungsstelle von der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e.V. anerkannt.
Diese Zertifizierung wurde 2012 aktualisiert.